Italien

Allerdings haben Einzelhändler in explodierender Zahl ein Schlupfloch in den staatlichen Vorschriften für den lizenzierten Anbau von Cannabis ausgenutzt, das den unregulierten "Verkauf von Pflanzen zu dekorativen Zwecken" erlaubt. Dadurch ist ein boomender, unregulierter Markt für so genanntes "Cannabis light" oder Cannabis mit einem THC-Gehalt von 0,6 % oder weniger für Freizeitzwecke entstanden.

Die Geschichte der Gesetzgebung

Im Jahr 2014 hob der Oberste Gerichtshof Italiens ein Gesetz aus dem Jahr 2006 auf, das die Unterscheidung zwischen sogenannten harten und weichen Drogen aufhob. Nach diesem Gesetz wurde Cannabis rechtlich mit Heroin und Kokain gleichgestellt und strafrechtlich verfolgt.

Seit dem Urteil des Obersten Gerichtshofs wurden die Strafen für den Konsum von Cannabis stark reduziert. Nach Angaben der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) wird der Besitz für den persönlichen Gebrauch in der Regel mit verwaltungsrechtlichen Sanktionen geahndet, wie dem Entzug des Führerscheins oder des Reisepasses. Erstmalige Verstöße können lediglich eine Verwarnung nach sich ziehen, und es kann ein "therapeutisches" Programm, z. B. eine Beratung, angeboten werden. Die Schwelle zwischen persönlichem Besitz und illegalem Handel wird von Fall zu Fall festgelegt, wobei die Menge der gefundenen Substanz, Utensilien wie Verpackungsmaterial und nicht lizenzierte Cannabisprodukte berücksichtigt werden.

Die Strafen für den unerlaubten Anbau und Verkauf, selbst für den Eigengebrauch, können zwischen sechs Monaten und sechs Jahren liegen.

In seiner Blütezeit zu Beginn des 20. Jahrhunderts galt der italienische Hanf als einer der besten der Welt. In den 1940er Jahren war Italien der zweitgrößte Produzent von Industriehanf in der westlichen Hemisphäre, doch in den 1970er Jahren verschwand der Anbau im Zuge des internationalen Krieges gegen die Drogen fast völlig. Die jüngste Lockerung der Anbauvorschriften hat dazu geführt, dass sich die Anbaufläche für Industriehanf seit 2013 von etwa 400 Hektar auf 4.000 Hektar verzehnfacht hat.

Der Anbau von Cannabis für industrielle Zwecke erfordert die Verwendung von zertifiziertem Saatgut. Für den Anbau von zertifiziertem Saatgut, das nur minimale Mengen an psychoaktiven Substanzen enthält, ist jedoch keine Genehmigung erforderlich. Die daraus resultierende Ernte mit einem THC-Gehalt von 0,6 % oder weniger wird in Italien gemeinhin als "Cannabis light" bezeichnet. Enthält die Pflanze mehr als 0,6 % THC, kann die Regierung die Ernte beschlagnahmen oder eine Anbauanlage zerstören.

Wo ist der Gebrauch sicher?

Die Unklarheit über die Verwendung von Cannabisblüten hat es den Kunden ermöglicht, sie legal als "Zierpflanzen" zu kaufen. Das hat zu einer regelrechten Blüte von Einzelhändlern geführt, die Knospen in dekorativen Verpackungen verkaufen. Technisch gesehen darf die Blüte nicht zerkleinert, geraucht oder konsumiert werden, und die Verpackungsetiketten enthalten Warnungen vor dem Konsum. Der THC-Gehalt des Cannabis beträgt im Allgemeinen nur 15 % bis 25 % des THC-Gehalts von illegalem Gras. Das Produkt wird in zahlreichen Geschäften verkauft. Patienten, die ein Rezept haben, können ihr eigenes Cannabis in einem Therapieraum konsumieren.

Trotz der boomenden Popularität sollten potenzielle Konsumenten vorsichtig sein, da die Gesetzgebung im Wandel begriffen ist. Im September 2018 wurde in einer Anweisung an die Polizei eine strenge Kontrolle der Geschäfte und strafrechtliche Sanktionen für diejenigen gefordert, die Cannabis verkaufen, das nicht allen staatlichen Vorschriften entspricht. Darüber hinaus haben sich verschiedene Organisationen, darunter der Oberste Gesundheitsrat, das wissenschaftliche und technische Beratungsgremium des Gesundheitsministeriums, dafür ausgesprochen, den Verkauf von Cannabis light zu stoppen.

Wenn Du aus persönlichen Gründen Pflanzen anbaust, gilt laut dem derzeitigen Gesetz das Anwenden von "rudimentären Techniken" als nicht strafbar. Jedoch musst Du vor Gericht nachweisen können, dass es sich um eine Selbstversorgung handelt, falls Du erwischt wirst. Es kann Dir helfen, wenn die Polizei keine verdächtigen Gegenstände findet und Du ein legales Einkommen hast. Es empfiehlt sich, einen Anwalt mit Erfahrung auf diesem Gebiet hinzuzuziehen, um auf der sicheren Seite zu sein.

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Medizinischer Gebrauch

Schätzungsweise 2.000 bis 3.000 Italiener konsumieren medizinisches Cannabis bei qualifizierten Erkrankungen, darunter:

• Anorexie
• Chronische Schmerzen
• Grüner Star (Glaukom)
• Multiple Sklerose
• Übelkeit
• Rückenmarksverletzungen
• Tourette-Syndrom

Medizinisches Cannabis wird von der Militärischen Chemisch-Pharmazeutischen Fabrik hergestellt oder aus Kanada oder den Niederlanden importiert. Medizinisches Cannabis muss in Apotheken gekauft werden, aber die Nachfrage übersteigt oft das Angebot.

Das Gesundheitsministerium beaufsichtigt das Programm für medizinisches Cannabis. Die Regierung verlangt von den Patienten, dass sie andere Behandlungen ausprobiert haben, bevor sie sich an medizinisches Cannabis wenden.

Italien verlangt nicht, dass die Patienten eine Karte für medizinisches Cannabis beantragen. Ärzte stellen berechtigten Patienten begrenzte Rezepte für medizinisches Cannabis aus, das in einer zugelassenen Apotheke gekauft werden muss.

Italien erlaubt es Patienten medizinisches Cannabis mit sich zu führen. Der jährliche legale Konsum von medizinischem Cannabis ist nach Angaben des Gesundheitsministeriums landesweit von 40 Kilogramm im Jahr 2013 auf fast das Zehnfache im Jahr 2017 gestiegen.